Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Geschichte der Forstwirtschaft

Geschichte der Forstwirtschaft

Kapitel in: Geschichte der Forstwirtschaft

Forstwirtschaft ist halb Kunst, halb Wissenschaft

OetteltCarl Christoph Oettelt war Mathematiker. Er arbeitete zunächst als Feldmesser, wurde dann Forstmeister und verfasste lesenswerte Bücher über das Forstwesen sowie seinen Berufsstand.

Die Denker, Planer und Rechner in den Forsthäusern schafften es, innerhalb von 100 Jahren - zwischen 1750 und 1850 -, die Wälder so in Ordnung zu bringen, wie es uns heute selbstverständlich scheint. Allerdings wollten sie die Nutzung nicht nur so einrichten, dass die Holzernte jährlich etwa gleichblieb und der Vorrat nicht angegriffen wurde; sie wollten auch die Rendite des »Kapitals Forst« erhöhen. Dabei schlugen einige von ihnen eine Richtung ein, die sie völlig von der Aufzucht gesunder Wälder abbrachte: Sie gaben Nadelhölzern den absoluten Vorzug, weil diese wirtschaftlicher zu pflanzen, zu kultivieren und zu verkaufen waren.

Auch Georg Ludwig Hartig tendierte in diese Richtung. Ihm ging es allerdings in erster Linie ums Aufforsten überhaupt; so schien es ihm ratsam, die preußischen Grundbesitzer mit dem schnellen Ertrag der Nadelbäume zu ködern: Man könne, argumentierte er, viel Geld machen, indem man »durch die Holzkultur wenigstens ebensoviel, meistens aber mehr Reinertrag haben kann als durch den Fruchtbau, besonders wenn man die Fichte und die Kiefer kultiviert«.

Unter den Verfechtern der Nadelwaldkulturen führte Max Robert Preßler, Dozent an der renommierten Forstschule Tharandt, das große Wort. Ganz im Sinn der rationalistischen, »vernünftigen« (und wissenschaftlich durchaus fundierten) Aufklärung predigte er die Lehre vom »Holzackerbau«, eine Methode, die möglichst schnell und bequem Geld bringen sollte. Es war die schiere Barbarei: alte prächtige Bäume, Stammväter ganzer Waldgenerationen, bei denen kein starker Wuchs und mithin auch kein Wertzuwachs mehr zu erwarten war, die aber jungen Bäumen Licht und Platz streitig machten, wollte Preßlers professoraler Übereifer rücksichtlos gefällt wissen: »Weg mit den faulen Gesellen!«

Damals entstanden jene Nadelholzplantagen, jene stramm ausgerichteten Fichten-Monokulturen, die den Forstleuten späterer Generationen das Leben schwermachten. Denn jene Wälder sind sehr unzureichend resistent gegen Schädlinge und Windwurf. Vom großen forstlichen Problem unserer Tage, den Waldschäden, sind gerade sie ganz besonders betroffen.

Die Grunddaten für Rauminhalt und Holzwert nach du Hamel du Monceau (1766): Höhe und Dicke des Stammes sind entscheidend.

Viele Praktiker widersetzten sich den Forderungen Preßlers und seiner Anhänger. Heute weiß man: Sie hatten recht. Professorale Theorie und wirtschaftliches Denken allein werden dem komplizierten Lebenssystem Wald nicht gerecht - oder, wie Heinrich von Cotta sagte: Forstwirtschaft ist »halb Kunst, halb Wissenschaft«.


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