Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Waldgrenzen

Kapitel in: Waldgrenzen

Wo der Wald seinen Mantel anlegt

Waldgrenzen

Auch der Wald hat seine Grenzen: die auffallendste zeigt sich im Hochgebirge. Die Waldränder - auch sie Grenzen, seien sie nun natürlich oder von Menschenhand bestimmt - sind oft faszinierende Zonen von großer ökologischer Bedeutung. Hier gedeihen zahlreiche Sträucher und Blumen, viele Tiere finden Unterschlupf. Vögel des Freilands und des Waldes treffen hier zusammen, denn der Bewuchs bietet für viele ideale Nistplätze.

Mitteleuropa ist ein Waldland. Unter natürlichen Bedingungen, ohne den Einfluss des Menschen, würde sich bei uns nahezu überall Wald entwickeln. Außerhalb des Hochgebirges findet der Wald fast nur an sehr nassen oder sehr flachgründigen, felsigen Standorten seine Existenzgrenze.

Obere Waldgrenze in den DolomitenObere Waldgrenze in den Dolomiten; bis hierher gedeihen noch einzeln stehende Arven, Lärchen und Fichten, die sich durch knorriges Aussehen und niedrigen Wuchs auszeichnen.

Auf ständig nassen Böden können die meisten Bäume nicht leben - ihre Wurzeln ersticken gewissermaßen. An Mooren oder an verlandeten Seen lässt sich genau erkennen, wie die Nässe die Waldgrenze festsetzt. Hier lichtet sich der Baumbestand zur Moorfläche mehr und mehr; die Bäume werden immer kleiner. An felsigen, flachgründigen Standorten ist die Decke der Feinerde zu dünn, um auch in Trockenperioden genügend Feuchtigkeit zu erhalten und zu speichern. Der große Wasserbedarf von Bäumen kann in solchen Zeiten nicht mehr gedeckt werden.

Die auffallendste natürliche Grenze des Waldes zeigt sich im Hochgebirge. Diese Waldgrenze hat klimatische Ursachen. Mit zunehmender Höhenlage nehmen die Temperaturen ab; die Vegetationsperiode - die Zeit, in der die Blütenpflanzen aktiv sind-verkürzt sich. Mit den Klimabedingungen der verschiedenen Höhenlagen kommen die einzelnen Pflanzen mehr oder weniger gut zurecht. So herrschen je nach Höhenlage verschiedene Baumarten vor - vorausgesetzt, der Mensch hat nicht in das Waldbild eingegriffen. Naturnahe Bergwälder haben einen ganz anderen Charakter als Tieflagenwälder.

In Mitteleuropa können wir mindestens vier Höhenstufen der Waldvegetation bis zur Waldgrenze unterscheiden. Im tief gelegenen Hügelland herrschen artenreiche Eichenmischwälder vor. Über dieser sogenannten kollinen Stufe beginnt in 200 bis 300 Metern Höhe im nördlichen, in 500 bis 600 Metern Höhe im südlichen Mitteleuropa die submontane Stufe. Dort ist die Buche der beherrschende Baum, ebenso wie auf der folgenden montanen Stufe (in über 500 Metern Höhe im Norden, ab 900 im Süden). Doch gesellen sich hier Nadelbäume hinzu. in den Mittelgebirgen vor allem die Tanne. In noch höheren Lagen wird das Klima für die meisten Bäume zu rauh. Zwar spielt in den klimatisch milden Westalpen auch die Buche eine wichtige Rolle, doch sonst - in den übrigen Alpen, in der Tatra, im Riesengebirge und im Böhmerwald - übernehmen Nadelbäume die Vorherrschaft. In erster Linie ist dies die Fichte, in den Zentralalpen sind es Lärche und Arve, die auch Zirbelkiefer heißt. Laubbäume können hier meist nicht mehr existieren. Die Zeit reicht nicht aus, um Blätter und Äste zu bilden und Knospen fürs nächste Jahr anzulegen.

Steigen wir weiter hinauf, so nehmen die Nadelbäume ein immer wilderes und knorrigeres Aussehen an, bei schrumpfender Größe. Nur noch eine. allenfalls zwei Baumarten ertragen hier den Wind und die Kälte; schließlich können auch sie sich nicht mehr halten: Wir sind an der Waldgrenze.

In Mitteleuropa wird die natürliche Höhengrenze des Waldes nur in den Alpen, in den Karpaten und im Riesengebirge überschritten. Überall sonst könnten selbst die höchsten Gipfel bewaldet sein: freilich haben Forst- und Viehwirtschaft die Grenze vielerorts nach unten verschoben.

Die Waldgrenze wird in den nördlichen Alpen und im Riesengebirge von Fichtenwald, in den Zentralalpen von Lärchen-Arvenwald gebildet. Zwischen dem Wald und dem alpinen Grasland oder der Zwergstrauchheide erstreckt sich ein Gürtel mit Latschen, auch Legföhren genannt.

Wo liegen die ökologischen Ursachen der Waldgrenze? Mit zunehmender Höhe werden die Winter länger und kälter, die Sommer kühler und kürzer, damit auch die Vegetationszeit. Man hat herausgefunden, dass sowohl die winterlichen als auch die Bedingungen während des Sommers über Sein oder Nichtsein des Baumwuchses entscheiden. Wenn die Vegetationszeit zu kurz wird, kann zwar die Fichte noch Nadeln bilden, aber diese können nicht mehr voll entwickelt werden, bis der Winter hereinbricht und die Stoffwechseltätigkeiten des Baumes fast zum Erliegen kommen. Das bedeutet, dass die vor Wasserverlusten schützenden Außenschichten der Nadel nicht mehr dick genug werden und so ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können. Dies führt dazu, dass im Winter und vor allem im Frühjahr, bei zunehmender Sonnenstrahlung, Wasser über die Nadeln an die Luft abgegeben wird und verloren geht. Die Wurzeln können aber aus dem noch gefrorenen Boden kein Wasser aufnehmen und den Verlust nicht ausgleichen: die Nadeln vertrocknen. Der Baum verdurstet also, er erfriert nicht. Diese Erscheinung nennt man Frosttrocknis.

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