Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

« « Startseite | « Heimat der Tiere Heimat der Tiere


Überwintern

Überwintern

Kapitel in: Überwintern
  • Fette Schläfer überstehen den Winter besser

Fette Schläfer überstehen den Winter besser

Wintervorrat der Gelbhalsmaus in einem NistkastenDer Wintervorrat, den die Gelbhalsmaus in einem Nistkasten angelegt hat.

Einige Säugetierarten speichern im Herbst besonders große Mengen Fett und suchen sich dann frostgeschützte Plätze in Höhlen, Erdlöchern oder hohlen Bäumen. Dort schlafen sie ein. Ihre Körpertemperatur sinkt allmählich auf wenige Grad über die Umgebungstemperatur ab; alle Lebensfunktionen brennen "auf Sparflamme" weiter: die Tiere halten Winterschlaf.

Dieser Winterschlaf hat jedoch nichts zu tun mit der Winterstarre von niederen Tieren oder von Wechselwarmen - wie Fischen, Lurchen und Kriechtieren. Winterschlaf ist ein physiologisches Phänomen, das durch Hormone aus innersekretorischen Drüsen gesteuert wird. Sinkt die Umgebungstemperatur unter den Gefrierpunkt, so setzt bei dem Winterschläfer ein Reiz ein, der ihn veranlasst, durch Muskelzittern Wärme zu erzeugen, um ein Erfrieren zu verhindern. Sinkt die Temperatur noch tiefer, so erwacht das Tier und sucht sich einen wärmeren Schlafplatz, an dem es wieder in Lethargie verfällt. Der Winterschläfer ist also nicht hilflos der Temperatur ausgeliefert wie ein wechselwarmes Tier. Seine Regelsysteme funktionieren auch noch im Winterschlaf - fast wie ein Thermostat.

Der Winterschlaf unterscheidet sich außerdem von der Winterstarre der Wechselwarmen insofern, als er eingeleitet wird durch die sich ändernden Tag-Nacht-Längen. Die veränderte Helligkeitsperiode veranlasst die Tiere zunächst (bedingt durch ein kompliziertes hormonelles Wechselspiel) zur Fettspeicherung und schließlich dazu, längere Perioden bei verminderter Herz- und Atemfrequenz zu verschlafen. Die Tiefe der Umgebungstemperatur ist nur für die Tiefe der Lethargie maßgebend; bei allzu niedrigen Temperaturen kommt es, wie bereits erwähnt, zum Erwachen. Die Tiere erwachen auch, wenn es warm wird oder sich ihre Reserven dem Ende nähern. Tief ruhende Winterschläfer könnte man fast für tot halten. Atem- und Herzschlagfrequenz sind so stark reduziert, dass man sie ohne technische Hilfsmittel nicht mehr feststellen kann. Der Körper fühlt sich kühl und steif an; bei der Berührung des Tieres wird man aber feststellen, dass es zunächst schwach und mit fortschreitender Zeit stärker reagiert, indem es das Maul öffnet oder zuckende Bewegungen ausführt. Winterschlafende Fledermäuse, die durch Berührung gestört werden, lassen bei weitgeöffnetem Maullanggezogene Kreischlaute hören, die auf Verstärkung der Atmung zurückzuführen sind.

Winterschlafende Kleine HufeisennasenWinterschlafende Kleine Hufeisennasen an der Decke einer Felshöhle. Diese heute seltenen Fledermäuse hängen kopfunter und haben ihre Flughäute um den Körper geschlagen.

Haselmaus, Igel, Sieben- und Gartenschläfer rollen sich beim Winterschlaf zu einer Kugel zusammen. Manche Fledermäuse kriechen mit eng zusammengefalteten Flügeln in Spalten und halten dort einzeln oder zu mehreren Winterschlaf- die Abendsegler beispielsweise in Baumhöhlen. Andere, wie die Mausohren, überwintern einzeln oder in dichtgedrängten Gruppen. Hufeisennasen - das sind Fledermäuse mit hufeisenartigen Nasenaufsätzen - hängen im Winterschlaf wie Birnen von der Decke ihres Überwinterungsplatzes (meist einer Felshöhle oder eines verlassenen Stollens), wobei ihre Flughäute um den Körper geschlagen sind. Noch vor wenigen Jahrzehnten konnte man die Kleinen Hufeisennasen beim Besuch von Höhlen und Stollen in Waldgebieten regelmäßig antreffen; heute ist diese Fledermausart bei uns leider fast ausgestorben.

Neben den winterschlafenden Säugetieren gibt es auch solche, die bei kalter Witterung oft tagelang ihren Bau oder ihr Nest nicht verlassen. Dazu zählen Eichhörnchen und Dachs. Diese Arten halten keinen Winterschlaf; sie senken auch nicht ihre Körpertemperatur ab. Das Eichhörnchen lebt bei großer Kälte und Schneegestöber von seinen eingetragenen Vorräten, während der Dachs von seinem im Herbst gespeicherten Fett zehrt. Sie können es sich leisten, bei garstiger Witterung zu Hause zu bleiben und dort abzuwarten, bis wieder gutes Wetter kommt.

So haben die Tiere Mitteleuropas die verschiedensten Methoden entwickelt, um die durch Kälte und Schnee bedingten Notzeiten im Jahreslauf zu überstehen. Hier das Sammeln von Vorräten und das Anlegen eines Nahrungsdepots - dort das Verschlafen der ungastlichen Jahreszeit, indem bei Verringerung aller Lebensfunktionen und gleichzeitiger Absenkung der Körpertemperatur das im Herbst gespeicherte Fett aufgezehrt wird: zwei eindrucksvolle Möglichkeiten im Kampf ums Überleben, die sich im Lauf der Evolution herausgebildet haben.


« Zurück: Vor Kälte zittern macht den Körper warm
Bei Amazon

© 1986 by PhiloPhax & Lauftext

Reise Rat - Neckarkiesel - SCHWARZWALD.NET
Bei Amazon