Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

« « Startseite | « Partner und Gegner Partner und Gegner


Forstwirtschaft

Kapitel in: Forstwirtschaft

Wohin wachsen die modernen Wälder?

Je stärker die Mechanisierung und Automatisierung aller Produktionsprozesse, je größer das Übergewicht der Industrie innerhalb der Volkswirtschaft, um so mehr fragt man sich, ob Forstwirtschaft sich heute überhaupt noch rentiert. Ständig steigende Löhne und schwankende Absatzmöglichkeiten machen es zweifelhaft, ob die »Sparbüchse Wald«, als die man den Forst früher lobte, noch jemals Zins abwerfen wird. Moderne Forstwirtschaft

Forstwirtschaft
Im Gegensatz zum Plenterwald, bei dem Bäume jeden Alters und aller Größen durcheinanderwachsen, haben im Altersklassenwald die Bestände auf den einzelnen Parzellen das jeweils gleiche Alter. Ist ein Bestand erntereif, so wird er kahlgeschlagen.

Die wenigsten Waldbesitzer (Staat und Gemeinden eingeschlossen) können es sich leisten, ihre Forste - wie es große Herren einstmals taten - nur für die Jagd oder zur allgemeinen Erbauung zu pflegen. Sie müssen mit ihrem Wald wirtschaften. Doch das Problem fängt damit an, dass es das absolut wirtschaftliche Forstsystem gar nicht gibt. Und es setzt sich fort in dem Umstand, dass man vom Wald heute mehr verlangt als nur Wirtschaftlichkeit - nämlich Schutz, Natürlichkeit, Erholungswert und noch einiges mehr. So versucht die moderne Forstwirtschaft als naheliegenden Kompromiss, mit Bestandsformen zu arbeiten, die natürlich sind und den inneren Gesetzen des Waldes entsprechen - freilich um den Preis, dass dabei die Pflege des Waldes komplizierter ist als je.

Solche Probleme gab es früher nicht. Man vergegenwärtige sich: am Anfang aller Forstwirtschaft stand der Plenter- oder Femelwald. Der hatte sich allmählich aus dem Urwald entwickelt.

Die Bauern holten sich die Bäume heraus, die sie gerade brauchten - zum Bauen, für Gerätschaften, zum Heizen. Eine derart ungeregelte, rein zufällige Nutzung des Waldes, in dem alles natürlich aufwächst, ist nicht die schlechteste. Wenn der Einschlag nicht überhandnimmt, regeneriert sich der Wald auf die natürlichste, obschon nicht eben auf die wirtschaftlichste Weise stets von selbst. Nur jene Arten setzen sich durch, die dem Boden und dem Klima entsprechen; kurz: solch ein Wald kann bis zu einem gewissen Grade ideal sein. Im Schwarzwald, im Schwäbischen Wald, in der Schweiz und in Vorarlberg gibt es noch heute prächtige Plenterwälder, und kein Mensch denkt daran, sie »umzuerziehen«.

Dieses sympathische Gleichgewicht zwischen menschlicher Nutzung und natürlicher Regeneration stellte sich auch ehedem längst nicht überall ein. Vielfach musste nachgeholfen werden - vor allem dort, wo menschliche Eingriffe zu unbedacht und roh geschehen waren. Eine vergleichsweise milde Hilfe, die dem Wald erlaubt, sich selbst zu verjüngen, ist der sogenannte Schirmschlag: Man holzt vorsichtig so aus, dass die Äste und Zweige der höheren Bäume nur noch ein lockeres Dach bilden, und lässt vor allem die ausgewachsenen Samenträger als »Schirmständer« stehen; die sorgen so von allein für die Neusaat. Dann braucht man nur den Jungwuchs zu pflegen und die überalterten Bäume rechtzeitig wegzuräumen. Der Schirmschlag war unter diesem Namen schon um 1750 überall in Deutschland bekannt, aber in der Praxis ist das Verfahren wohl viel älter. Man weiß, dass fast alle großen Laubholzbestände, an denen wir heute unsere Freude haben, auf diese Weise entstanden sind.

Ehedem gab es eine ganze Reihe von künstlich auf den Plan gerufenen Waldtypen, die uns heute kaum mehr dem Namen nach bekannt sind. Nur ein Beispiel: der Hutewald oder Hudewald. Den gestaltete man parkartig locker, damit dort auch noch Gras wuchs; hier ließ man nämlich die Tiere weiden - vor allem Schweine, weshalb die meisten Hutewälder aus Eichen bestanden. Denn die Schweine fraßen die Eicheln. Noch vor 200 Jahren wurde in manchen Gegenden der Wert eines Waldes danach bemessen, wie viele Schweine er ernährte. Aber auch die anderen Tierhalter mit ihren Kühen, Schafen und Ziegen mochten die Eichen lieber als die Buchen, weil unter den dichten Buchendächern oft nichts anderes mehr wächst, was für die Weide nützlich wäre.

Waldweide
Die Waldweide, einst in den sogenannten Hutewäldern allgemein üblich, gibt es nur noch vereinzelt.

Weiter: Ein Hochwald kann ganz niedrig sein »

« Zurück: Partner und Gegner
Bei Amazon

© 1986 by PhiloPhax & Lauftext

Reise Rat - Neckarkiesel - SCHWARZWALD.NET
Bei Amazon