Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Jagd

Kapitel in: Jagd

Wildtiere als Konkurrenten des Menschen

Da nun Allgemeinheit und Gesetzgeber in schlichter Verkennung der natürlichen Gegebenheiten erwarten, dass sich eine Wildart nicht über bestimmte Grenzen ausdehne oder in der Heimatregion in nicht zu hohen Dichten vorkomme, muss der Jäger hier ebenfalls ständig gegen natürliche Abläufe operieren.

Besonders kritisch wird es dort, wo der wirtschaftende Mensch die Landschaft nach seinen Vorstellungen umgestaltet, wo er den Pflanzenwuchs (und damit auch den Tierbestand) manipuliert. Die natürliche Entwicklung bewirkt, dass die jeweilige Landschaft nicht nur von einer Tier- oder Pflanzenart, sondern von einer Lebensgemeinschaft von Tieren und Pflanzen besiedelt wird. Jagd

Manche konkurrieren miteinander, im übrigen nutzen die einen die anderen - zur Nahrung, zur Wohnung oder für ihre sonstigen Bedürfnisse. Naturlandschaften sind in keinem wirklich stabilen Zustand; die sie besiedelnden Pflanzen- und Tierarten verändern sich hin und her um ein gewissermaßen ideales Gleichgewicht. Probleme für den Menschen ergeben sich daraus nicht, solange er selbst nur als Jäger oder Sammler daran teilnimmt.

Anders wird es, sobald er darüber hinaus beginnt, Vieh zu halten und die Landschaft zu kultivieren - also Eingriffe vorzunehmen. Wann immer er bestimmte Tiere oder Pflanzen zum eigenen Vorteil fördert, muss er sich ihren natürlichen Konkurrenten ebenso widersetzen wie dem Nutzungsstreben jener Tiere, die darauf programmiert sind, von den Pflanzen und Tieren, die er kultiviert, zu fressen.

Wölfe und Wildschweine konkurrieren zwar nicht miteinander, aber Wölfe jagen Wildschweine, und die versuchen, sich dem zu entziehen. Für den, der Wildschweine jagen will, ist das nicht von Belang: er jagt sie, wo und wie er sie findet. Anders, wenn an die Stelle der stets wachsamen, natürlich gegliederten und schwierig zu bejagenden Rotte von Wildsauen, zu der vielleicht auch noch ein wehrhafter Keiler gehört, eine zahme Schweineherde tritt. Sie befiehlt den Wölfen gleichsam das Beutemachen. Sofern der Mensch den größtmöglichen Ertrag von einer Schweineherde haben will, beginnt für ihn unausweichlich der Kampf gegen die Wölfe.

Das gilt um so mehr, je naturferner die Schweine leben. Eine lediglich gezähmte, sonst aber natürlich zusammengesetzte Rotte Wildsauen wäre relativ unverwundbar, würde aber auch den geringsten Ertrag liefern. Eingezäunt wäre sie schon etwas rentabler, aber - weil an der Flucht gehindert - auch verwundbarer. Eine Ansammlung von auf raschen Ertrag gezüchteten Läuferschweinen, die genutzt werden sollen, sobald sie schlachtreif sind, ist völlig wehrlos - und gibt damit den dringendsten Befehl an die Wölfe, hier Beute zu machen. Gleichzeitig ist aber auch der wirtschaftliche Verlust für den Menschen hier ungleich größer, als wenn nur ein Frischling aus einer Rotte gerissen worden wäre.

In der Lebensgemeinschaft Wald, zu der alle dort lebenden Tiere und Pflanzen gehören, gibt es grundsätzlich ebensowenig Probleme mit der einen oder anderen Tierart wie in den Lebensgemeinschaften Süßwassersee, Moor, Steppe, Bach, Flussaue - und so weiter. Aber in einem Beet, einem Weinberg, einem Kartoffelfeld und einem Forst sind alle Geschöpfe fehl am Platz, die mit denen konkurrieren, die der Mensch dort fördert oder die den Nutzungswünschen des Menschen durch Fressen, Wühlen oder andere Lebensäußerungen entgegenarbeiten.

Die unentschlossene Haltung der Allgemeinheit gegenüber diesen Pflanzen und Tieren führt zu einem Sowohl-Als-auch der Gesetze im Pflanzen- und Tierschutz. Bei dem, was man »Wild« nennt, drückt sich das in komplizierten Jagdgesetzen aus, in Jagd- und Schonzeiten, Abschussplänen, Rotwild-Bezirken und rotwildfreien, Verordnungen über höchstzulässige Wilddichten bei verschiedenen Wildarten und ähnlichem.

Der ehemalige Jagdverbandspräsident Egon Anheuser, ein Weingutsbesitzer, hat bei einer Diskussion zum Thema »Schalenwild und Wald« einmal laut geträumt, wie schön es für den Winzer wäre, wenn es für »Star und Weinberg« entsprechende jagdliche Rahmenregelungen gäbe: »Starenjägern wäre dann zur Aufgabe gemacht, dass die Stare weder ausstürben noch überhand nähmen, sie hätten - mit eng begrenzten Methoden und Jagdzeiten - für eine entsprechende Reduktion der Stare zu sorgen, trotzdem entstehende Schäden müssten sie ersetzen. Und schließlich hätten sie auch noch für das Recht zu zahlen, die Stare bejagen zu dürfen.«

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