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Stihl war studierter Maschinenbauer; sein Geld verdiente er zunächst mit Vorfeuerungen für Dampfkessel und allerlei anderen Konstruktionen. Aber seine Leidenschaft war der Motorenbau - davon verstand er viel. So sah er schnell, Dass allen Sägemaschinen, die inzwischen auf dem Markt waren, eins gemeinsam war: Ihre Motoren taugten wenig. Sie waren weder leicht noch zuverlässig. Folglich begann Stihl, neue Motoren zu konstruieren und mit den leichtesten Metalllegierungen zu experimentieren - vor allem mit Magnesium. Er züchtete Hochleistungsmotoren heran, wie sie damals ähnlich in Rennwagen eingebaut wurden; nur mussten seine Motoren viel kleiner sein. Denn sein Ziel war die Motorsäge, die nicht zwei oder gar drei Leute zur Bedienung brauchte: Stihl wollte Sägen bauen, die - bei gleicher Leistung - von einem Mann allein getragen und bedient werden konnten; Sägen, die man unter den Arm nehmen konnte wie eine Aktentasche.
Seine ersten Elektrosägen entstanden 1926. Im Jahr 1929 war eine Benzinsäge fertig; sie wurde im Schwarzwald ausprobiert und in namhaften Stückzahlen auch nach Holland, Belgien, Frankreich und in die Schweiz verkauft. Noch konnte man von »Leichtgewicht« kaum reden: Die Zwei-Mann-Säge wog 127 Pfund.
Auch 1936 war die Motorsäge noch kein überall geschätztes Arbeitsgerät. Ministerialrat Gerhard Kunz, langjähriger Holzhandelsreferent im Baden-Württembergischen Landwirtschafts- und Forstministerium, erzählte aus den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg, als er noch ein junger Forstfachmann war: »Die Motorsäge war, selbst innerhalb der Fachwelt, noch eine durchaus umstrittene Maschine. Die Säge, mit der wir damals versuchsweise in den starken Hölzern des Schwarzwaldes arbeiteten, wog noch 95 Pfund. Sie musste von zwei Männern bedient und von Hand gekuppelt werden. Das Gewicht der heute vergleichbaren Sägen liegt bei einem Zehntel.«
Motorsägen mit mehr als drei PS Leistung, die im Forst universell eingesetzt werden können, wiegen heutzutage kaum noch sechs Kilo. Und nur ganz starke Maschinen mit sechs PS und mehr, an die man Führungsschienen bis zu anderthalb Metern Länge montieren kann, um die dicksten Dschungelbäume zu fällen - nur solche Maschinen bieten die Möglichkeit, einen zusätzlichen Griff an den Schienenkopf zu schrauben, damit man notfalls zu zweit arbeiten kann.