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Flechten

Kapitel in: Flechten

Gemeinsam sind sie stark

Jede Flechte ist eine Lebensgemeinschaft, eine Symbiose, die aus einem Pilz und einer Alge besteht. Das weiß man aber erst seit wenig mehr als hundert Jahren, denn Flechten wirken auf den ersten Blick und ohne Mikroskop wie eine einzige Pflanze. So betrachtete man sie lange als selbständige botanische Klasse. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erkannte man die Flechten als »eigentümliche Doppelorganismen«. Gemeinsam sind sie stark

Becherflechte
Die Becherflechte ist mit sehr feinen Körnchen bedeckt, die der Fortpflanzung dienen.

Flechten sind eine wenig bekannte, aber weitverbreitete und äußerst vielgestaltige Pflanzengruppe. Allein in Deutschland gibt es rund 2000 Arten. Dass die grünlichgelben oder braunen, strähnig-bartartigen Gebilde, die in den Bergwäldern von den Bäumen hängen, Flechten sind - das wissen zwar noch ziemlich viele; Dass aber auch der buntscheckige krustige oder blättrige Belag auf Felsen und Baumstämmen von solchen Organismen herrührt, ist meist nur dem botanisch Bewanderten geläufig.

Allerorten begegnen wir diesen Pflanzen, wenn wir bewusst auf sie achten: besonders auf Baumrinde und Gestein, auch auf Mauern und Dachziegeln, desgleichen auf nährstoffarmen Böden in Heiden und lichten Wäldern. Nur in luftverschmutzten Gebieten sind Rindenflechten selten; viele Arten sind wegen ihrer großen Empfindlichkeit gegenüber Schwefeldioxid verschwunden.

Den Vegetationskörper der Flechten nennt man Lager. Diese Lager sind recht vielgestaltig: Sie können krustig der Unterlage angeschmiegt oder lappig gegliedert bis blättrig sein, können wie winzige Sträucher wirken oder bärtige Gehänge bilden. Nach dieser Wuchsform unterscheidet man Krusten-, Laub-, Strauch-und Bartflechten. Manche Arten entwickeln becher- bis trompetenartige, aufrecht wachsende Formen. Gewöhnlich erreichen Flechten Durchmesser oder Längen bis rund zehn Zentimeter, vereinzelt aber wesentlich mehr - so die Hundsflechte und die in alten Wäldern heimische Lungenflechte.

Flechten sehen das ganze Jahr über gleich aus und wachsen meist langsam. So haben viele, die wir an Bäumen finden, ein Alter von Dutzenden von Jahren. Und Gesteinsflechten werden sogar über 1000 Jahre alt.

RentierflechteDie Rentierflechte wächst keineswegs nur in Skandinavien; das Bild entstand im Südschwarzwald. Die grauweißen bis gelblichen Flechten (oft fälschlich »Isländisch Moos« genannt) sind in Skandinavien nicht nur eine wichtige Nahrung der Rentiere. Eine Art wird in großen Mengen aus Finnland exportiert; man stellt daraus Modellbäumchen und Grabkränze her.

Zumindest eine Flechtenart kennt hierzulande fast jedermann - wenn auch von einem »Standort« her, der nun wirklich nicht ihr natürlicher ist. Importiert aus skandinavischen Wäldern und Heiden, ist sie nun häufig auf unseren Friedhöfen zu sehen. Die blassen, graugelb bis -grünen Dauerkränze oder -gebinde, die so zahlreich die Gräber schmücken, sind aus dieser Flechte hergestellt: aus einer Rentierflechtenart, die bei uns fälschlicherweise oft Isländisch Moos genannt wird.

Flechten sind außerordentlich merkwürdige Pflanzen, in ihrem Bau und ihren Leistungen einzigartig im Pflanzenbereich. Auch wenn man es selbst bei näherem Zusehen nicht bemerkt: sie bestehen grundsätzlich aus zwei ganz verschiedenen Organismen. In jeder Flechte präsentiert sich nämlich eine enge Lebensgemeinschaft, eine Symbiose, und zwar jeweils aus einem bestimmten Pilz und einer bestimmten Alge. Da die Flechte desungeachtet wie eine einzige Pflanze wirkt, ist verständlich, Dass man ihre Doppelnatur erst vor wenig mehr als 100 Jahren erkannte.

Becherflechte
Die Becherflechten mit ihren tiefroten Fruchtkörpern sind sehr hübsche Gebilde, wenn man sie aus der Nähe betrachtet.

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