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Jahresringe

Kapitel in: Jahresringe

Jeder Baum ist unten älter als oben

Jahresringe

Das Aussehen der Jahresringe, also der Bau des Holzes, kann erste Anhaltspunkte liefern, von welcher Baumart ein Holzstück stammt. Nur Laubbaumholz kann größere Poren haben (die sich im Längsschnitt als deutliche Rillen darstellen). Weitere Indizien liefert das reife Holz im Zentrum des Stammes. Bei manchen Arten verkernt dieses Holz, weil die alten Gefäße verstopfen oder Gerbstoffe und Harze eingelagert werden, die Folge: der Kern des Stammes wird schwerer und weniger anfällig gegen Pilzbefall und Zersetzung. Oft nimmt er auch eine dunklere Farbe an als das weiter außen liegende Splintholz. Zu solchen sogenannten Kernholzbäumen zählen Kiefer, Lärche, Eibe, Eiche, Robinie, Ulme, Nussbaum und Kirschbaum. Je dunkler der Kern eines Stammes, um so widerstandsfähiger ist er.

Querschnitt durchAn dem Querschnitt durch einen Haselnußzweig ist gut zu sehen, dass die Zellen, die im ersten Teil eines jeden Jahres gebildet werden weiträumig sind: sie sollen viel Wasser transportieren können. Später werden die Zellen enger und damit stabiler: sie dienen vor allem der festigung des Holzes. Diese Unterschiede in der Zellenstruktur eines Baumstammes zeichnen sich als Jahresringe ab.

Bei anderen Bäumen ist das gesamte Holz einheitlich blaß gefärbt, es kommt zu keiner Imprägnierung mit schützenden Substanzen, sie bilden also gar kein Kernholz. Solche Bäume, deren Stamm durchweg nur aus Splintholz besteht, sind zum Beispiel Spitzahorn, Bergahorn, Erle, Birke, Hainbuche und Pappel. Schließlich gibt es noch die sogenannten Reifhölzer. Auch bei denen bildet sich kein richtiger Kern - vielmehr: Das Innere des Stammes trocknet einfach aus. Dies ist der Fall bei Tannen, Buchen, Linden und Fichten. Weil Splint- und Reifhölzer keinen durch Gerbstoffe geschützten Kern haben, können sie im Alter von Pilzen befallen und inwendig ausgehöhlt werden. Jedes Jahr wird der Baumstamm also um einen Jahresring dicker - jeweils der äußerste Ring kommt neu hinzu. An den Stammquerschnitten eines gefällten Baums lässt sich erkennen, dass das dicke untere Ende mehr Jahresringe besitzt als das dünne obere Ende. Das ist nur logisch: unten ist der Baum älter als oben. Will man das Alter eines Baums ermitteln, kann nur ein Querschnitt ganz unten am Stamm Aufschluß geben.

Die einzelnen Baumarten haben unterschiedliche Lebensdauer. Buchen können 200, gelegentlich fast 300 Jahre alt werden. Stieleichen erreichen 500, in seltenen Fällen fast 1000 Jahre. Auch die Eibe bringt es bisweilen auf ein rundes Jahrtausend. Das Alter nordamerikanischer Mammutbäume beträgt bei einem Stammdurchmesser von fünf bis sechs Metern 3500 Jahre, und nochmals gut 1000 Jahre älter als diese wird eine kalifornische Kiefernart . Am Stammquerschnitt erkennt man oft breitere und schmalere Jahresringe .Zwar hängt deren Breite auch vom Alter des Baums ab (im hohen Alter ist der Zuwachs geringer), doch im wesentlichen wird sie vom Klima bestimmt. Bei guten Wuchsbedingungen, beispielsweise bei reichen Niederschlägen, ist der Holzzuwachs groß und der Jahresring breit; bei schlechten Wuchsbedingungen bleibt er schmal. Mit einiger Erfahrung und Vorsicht lassen sich aus den Jahresringen mehrhundertjähriger Bäume Klimaschwankungen ablesen. So sind den Wissenschaftlern die Dürrejahre 1904 und 1911 von zahlreichen Beobachtungen an Stammquerschnitten wohlbekannt: Damals gerieten die Ringe besonders schmal. Jahre mit starkem Insektenbefall oder Raupenfraß wirken sich ähnlich aus. Unkundige können sich in den Jahren leicht verzählen, denn unter sehr ungünstigen Verhältnissen kann ein Jahresring auch einmal ganz ausfallen. So wie die klimatischen Verhältnisse sich im Jahresringmuster widerspiegeln, so entspricht eine typische Abfolge von mehr oder weniger breiten Ringen einer ganz bestimmten Zeitperiode. Wenn man die Jahresringfolgen alter Bäume und Hölzer aus vergangenen Zeiten (beispielsweise an Fachwerkhäusern) untersucht, kann man zu ganzen Kalendern kommen, die weit zurückreichen. Unter anderem kann man aus den Jahresringfolgen mit der Hilfe solcher Kalender ermitteln, wie alt Schiffe, Häuser und andere aus Holz geschaffene Objekte sind. Daraus hat sich ein wissenschaftliches Verfahren entwickelt, die Dendrochronologie. Das Wort ist abgeleitet vom griechischen Wortstamm "dendro", was nichts anderes bedeutet als Baum.

Diese Dendrochronologie wurde um die Jahrhundertwende in Amerika begründet und in den vierziger Jahren in Mitteleuropa eingeführt. Seither hat man die Altersbestimmung von Hölzern ständig verfeinert. Mit einem westeuropäischen Baumringkalender, der lückenlos bis zum Jahr 5289 vor Christi Geburt zurückreicht, haben jetzt Wissenschaftler von den Universitäten Belfast, Hohenheim und Köln einen großen Fortschritt auf diesem Forschungsgebiet erzielt. Der längste lückenlose Baumringkalender umfaßt beinahe 8700 Jahre; er wurde vor mehreren Jahren in Amerika konstruiert, und zwar anhand des Holzes von Borstenkiefern aus den kalifornischen White Mountains. Borstenkiefern können ein Alter von mehr als 4000 Jahren erreichen - sie leben somit länger als jeder andere Organismus. Solch prächtige Baumveteranen stehen den europäischen Dendrochronologen leider nicht zur Verfügung; sie müssen Eichen zum Aufbau ihrer Baumringkalender verwenden. Da Eichen durchschnittlich aber "nur" 150 bis 250 Jahre alt werden, bleibt nichts anderes übrig, als den westeuropäischen Baumringkalender aus Jahresring- Analysen vieler Holzstücke unterschiedlichen Alters zusammenzusetzen. Um so wertvoller ist daher der jetzt so mühevoll zusammengestellte Kalender, der über 7000 Jahre in die Vergangenheit reicht.

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