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Ein Floß durchfährt auf der Großen Enz das Städtchen Wildbad im Schwarzwald. Etliche Stämme sind als »Oblast« aufgebunden. Solche Flöße waren oft über 200 Meter lang.
Flößer standen schon immer im Ruf, über besonderen Mut und ungewöhnliche Körperkräfte zu gebieten. Schließlich brachten sie wertvolles Holz über widerspenstige Gewässer bis hin zum entfernten Bestimmungsort. Das trug ihnen Bewunderung ein: »Wer durch Schwaben reist, der sollte nie vergessen, auch ein wenig in den Schwarzwald hineinzuschauen; nicht der Bäume wegen, obgleich man nicht überall solch unermessliche Menge herrlich aufgeschossener Tannen findet, sondern wegen der Leute, die sich von den anderen Menschen ringsumher merkwürdig unterscheiden. Sie sind größer als gewöhnliche Menschen, breitschultrig, von starken Gliedern, und es ist, als ob der stärkende Duft, der morgens durch die Tannen strömt, ihnen von Jugend auf einen freieren Atem, ein klareres Auge und einen festeren, wenn auch rauheren Mut als den Bewohnern der Stromtäler und Ebenen gegeben hätte ...
Sie handeln mit ihrem Wald; sie fällen und behauen ihre Tannen, flößen sie durch die Nagold in den Neckar und von dem oberen Neckar den Rhein hinab, bis weithinein nach Holland, und am Meer kennt man die Schwarzwälder und ihre langen Flöße; sie halten an jeder Stadt, die am Strom liegt, an und erwarten stolz, ob man ihnen Balken und Bretter abkaufen werde; ihre stärksten und längsten Balken aber verhandeln sie um schweres Geld an die Mynheers, welche Schiffe daraus bauen. Diese Menschen nun sind ein rauhes, wanderndes Leben gewöhnt. Ihre Freude ist, auf ihrem Holz die Ströme hinabzufahren, ihr Leid, am Ufer wieder herauf zu wandeln.
Sie tragen Wämser von dunkler Leinwand, einen handbreiten grünen Hosenträger über die breite Brust, Beinkleider von schwarzem Leder, aus deren Tasche ein Zollstab von Messing wie ein Ehrenzeichen hervorschaut; ihr Stolz und ihre Freude aber sind ihre Stiefel, die größten wahrscheinlich, welche auf irgendeinem Teil der Erde Mode sind; denn sie können zwei Spannen weit über das Knie hinaufgezogen werden, und die Flözer können damit in drei Schuh tiefem Wasser umherwandeln, ohne sich die Füße naß zu machen.«
So beginnt »Das kalte Herz«, eines der schönsten Märchen von Wilhelm Hauff. Er schrieb es 1827, zu einer Zeit, als noch hinlänglich Gelegenheit war, Handwerk, Sitten und Kleidung der Schwarzwald-Flößer zu studieren.
Fast ein halbes Jahrtausend lang - vom 15. bis zum Beginn unseres Jahrhunderts - war die Flößerei im Schwarzwald ein lohnendes Gewerbe gewesen. Einzig sein wertvolles Holz und jene unerschrockenen Männer, die auf ihren Flößen bis ins Mündungsdelta des Rheins hinunterreisten, hatten den Ruf des Schwarzwalds im 18. Jahrhundert europaweit begründet.
Der Schwarzwald galt als der größte deutsche Holzlieferant, und die meisten Flöße auf dem Rhein bestanden aus Schwarzwälder Tannen und Fichten. Weit bescheidenere Rollen spielten Spessart, Fichtelgebirge und Hunsrück, wenngleich auch von dort viele Flöße nordseewärts zu den »Mynheers« gesteuert wurden.
Die ältesten Schwarzwälder Flößerzünfte gab es auf badischem Gebiet - beispielsweise die Vereinigungen der Murgschiffer und der Schifferschaften im Kinzigtal. Doch auch im Württembergischen hielten die Flößer auf ihren Berufsstand: Floßämter und Floßordnungen sorgten hüben wie drüben für die Einhaltung der notwendigen Regeln.