Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Geschichte der Forstwirtschaft

Geschichte der Forstwirtschaft

Kapitel in: Geschichte der Forstwirtschaft

Die Wissenschaft ging in den Wald

Mit der Forstwirtschaft und der Forstpflege ging es immer dann einen großen Schritt voran, wenn im Wald wieder einmal Not am Mann war: wenn entweder das Holz knapp wurde oder die Forste so verkommen waren, dass sie sich nicht mehr rentierten. Die meisten der Männer, die zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert Entscheidendes für die Forstwirtschaft taten, sind uns noch heute bekannt.

Forst und Wald sind nicht dasselbe - es besteht da, schon seit mehr als tausend Jahren, ein gewaltiger Unterschied. Das Wort »Forst« stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutete ursprünglich »Bannwald«: Wald, der nicht von jedermann betreten werden durfte und dessen Nutzung bestimmten Regeln und Gesetzen unterlag. Einst stellten Könige diese Bestimmungen auf, später die adeligen Besitzer von Jagd- und Fischereirechten - und heute werden sie von Waldbesitzern und Forstbehörden festgelegt gemäß den Geboten der Ökonomie: Ein Forst stellt in unserer Zeit ein abgegrenztes, bewirtschaftetes Waldstück dar.

Der Übergang vom adeligen auf den gutbürgerlichen Forstbegriff, von der unbekümmerten Ausbeutung der Wälder zu ihrer wirtschaftlichen Nutzung, vollzog sich von Region zu Region verschieden; den Bürgern der freien Städte dämmerten die entscheidenden Einsichten früher als den Bewohnern der ländlichen Gebiete. Den Wald wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen, stellte sich bald heraus, war gar nicht so einfach: Man brauchte die Wissenschaft dazu. Denn ohne Forschung gibt es weder Fortschritt noch Gewinn in der Forstwirtschaft.

Diese Zusammenhänge zwischen neuen Erkenntnissen und besserer Nutzung werden beim Wald besonders deutlich. Schließlich ist er ein Ökosystem, das eine Menschengeneration und länger braucht, um Erträge zu bringen. Da macht sich jeder Planungsfehler peinlich bemerkbar - wie wir heute bedauernd feststellen müssen, wenn wir die Wirtschaftsmethoden der Vergangenheit kritisch betrachten.

So begann die Entwicklung der Forstwissenschaft in Deutschland in der Zeit, da durch unvernünftige Rodung das Holz knapp geworden war: im 14. Jahrhundert.

In den Städten, die das meiste Holz verbrauchten, erkannte man die Gefahr sehr rasch. Erstmals in der Geschichte des Waldes wurde die Holzernte vorab festgelegt und rationalisiert. In Erfurt teilte man 1359 den Stadtwald in Jahresschläge ein; mehr Holz, als der Schlag auswies, durfte nicht gefällt werden pro Jahr.

Die Nürnberger Ratsherren gingen noch einen Schritt weiter. Sie wollten nicht nur den Raubbau unter Kontrolle bringen, sondern auch neuen Wald anpflanzen. Das war sensationell; es war die Geburtsstunde der Forstwissenschaft.

StromeirDer Nürnberger Rats- und Handelsherr Peter Stromeir ließ als erster Nadelbäume aussäen.

In der Freien Reichsstadt Nürnberg lebte damals Peter Stromeir, ein gutaussehender Herr mit gezwirbeltem Schnurrbart, wohlhabend und gescheit. Dessen Kaufmannsbetrieb war einer der bedeutendsten im reichen Nürnberg: Er war an Bergwerken und Eisenschmieden beteiligt - entsprechend groß war sein Holzbedarf.

Stromeir war aber nicht nur reich und gewitzt, er besaß auch - als Ratsherr - gehörigen Einfluss. Nichts leichter daher für ihn, als die Idee tatsächlich zu realisieren, welche ihm eines Tages gekommen war: Nadelbäume auszusäen, wie man Getreide sät. Das Projekt verriet Unerschrockenheit und hochmodernen Sinn - denn es rührte an ein jahrhundertealtes Tabu. Den Zeitgenossen nämlich galt der Wald - vor allem Nadelwald, der dunkle Tann - als Werk des Teufels, das dieser geschaffen hatte, um Gott zu verhöhnen: ein Glaube, der gefördert wurde durch die Erfahrung, dass Wald prinzipiell etwas Gefährliches war - etwas, das es zu meiden und zu bekämpfen galt, wenn man leben, seinen Acker bestellen und Ruhe vor wildem Getier haben wollte. Außerdem, so glaubte man, sei der Wald von gräßlichen Hexen und Dämonen bevölkert; wer ihn rode, tue ein gottgefälliges Werk.

Und bewies nicht das Wort der Heiligen Schrift, dass zumindest die Nadelbaumwälder des Teufels sein mussten? Die Priester und Mönche verkündigten dieses Wort, es stand in der Schöpfungsgeschichte (und Martin Luther übersetzte es 200 Jahre später):

Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das sich besame, und fruchtbare Bäume, dass ein jeglicher nach seiner Art Frucht trage und habe seinen eigenen Samen bei sich selbst auf Erden. Und es geschah also.

Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein jegliches nach seiner Art, und Bäume, die da Frucht trugen und ihren eigenen Samen bei sich selbst hatten, ein jeglicher nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

Es war gut, aber offensichtlich galt es nur für die Obstbäume und, im Wald, für die Eichen (deren Früchte zur Schweinemast taugten) und wohl auch für die Buchen. Nicht aber für die Nadelbäume - denn wo waren da nützliche Früchte? Wo waren die Samen? Es gab keine! Das beste Zeichen, dass diese Bäume nicht von Gott geschaffen waren.

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