Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Geschichte der Forstwirtschaft

Geschichte der Forstwirtschaft

Kapitel in: Geschichte der Forstwirtschaft

Die alten Fehler wurden erneut gemacht

Michael Schwegelin war kein Mann langer Diskussionen. Den Memminger Magistrat, dem es um den Erhalt der Wälder ging, hatte er ohnehin auf seiner Seite. So stellte er zu seinen Verordnungen einen gepfefferten Strafenkatalog auf. Das machte ihn allerdings auch nicht beliebter.

Bei alledem verordnete, befahl er nicht nur - er setzte sich auch aufs Pferd und ritt von Ort zu Ort, um mit den Leuten zu sprechen, sie aufzuklären und anzuleiten. So war er nicht nur unser erster Forstwirtschaftler, sondern auch quasi der erste Waldarbeitslehrer. Dabei machte er zahlreiche praktische Versuche; zum Beispiel zäunte er Waldstücke ein, um zu sehen, wie das Gehölz sich entwickelte ohne weidendes Vieh.

Mit seinen Maßnahmen fand Schwegelin viele Bewunderer und Nachahmer. Deutschland war auf dem besten Weg, ein Musterland der Forstwirtschaft zu werden. Da trat ein Ereignis dazwischen, dem mehr zum Opfer fiel als bloß der Erhalt unserer Wälder: der Dreißigjährige Krieg. Nur die Hälfte aller Deutschen überlebte sein Wüten.

Wer nach dem Ende des langen Kriegs noch am Leben war, hatte andere Sorgen, als sich ums Wachsen der Bäume zu kümmern. Ohnehin war für die Verbliebenen genügend Holz da, in buchstäblich rauhen Mengen. Wozu also sollte noch Waldpflege nötig sein?

So glaubte man, und das war ein Fehler. Denn schon 100 Jahre später, zu Anfang des 18. Jahrhunderts, war es wieder soweit: Holz wurde knapp. Man hatte alle alten Fehler erneut gemacht: den Wald rücksichtslos ausgebeutet und in den Kahlschlägen das Vieh weiden lassen. Hinzu kam, dass die Metallindustrie in unvorstellbarem Maß gewachsen war: Metall und Edelmetall, aber auch Glas zu besitzen galt als Zeichen neugewonnenen Wohlstands. Für die Hüttenwerke und Glasschmelzen wurden riesige Mengen Holz und Holzkohle verbraucht, tagtäglich. Bald ließ sich absehen, dass eine der Grundlagen jeglicher Prosperität, der Wald, aus vielen Gebieten Mitteleuropas in Kürze verschwunden sein würde. Wieder war es ein zentrales Problem geworden, den Forst zu erhalten und zu pflegen. Indes: drei Generationen lang hatte sich niemand darum gekümmert; kaum einer wusste noch, was zu tun war.

Der erste Fachmann jener Zeit, der durchgreifend für die Kultivierung alter Reviere und das Anlegen neuer Waldbestände sorgte, war Johann Georg von Langen - ein armer Adliger, der die Jägerlaufbahn eingeschlagen hatte. Mit 27 Jahren wurde von Langen Forstmeister in Lüneburg, und rasch erwies er sich als ein Mann vom Format des Michael Schwegelin. Er stellte weiträumige Kulturpläne für seine Wälder auf, machte Versuche mit neuen Baumarten, ließ im Akkord junge Bäume pflanzen (wobei jeder Arbeiter zwei Jahre für seine Pflänzchen haften musste) und erkannte als einer der ersten den Wert richtiger Durchforstung - der Art und Weise, wie man einen heranwachsenden Wald regelmäßig auslichtet.

Es blieb nicht aus, dass er mit diesen Plänen seinen Kollegen ins Gehege kam, den Jägern. Doch Georg von Langen setzte sich durch. Die Jäger fürchteten, nicht ganz zu Unrecht, ihr Wild werde beim Durchforsten gestört. Denn die neue Art der Forstpflege sah vor, dass immer wieder jeder dritte oder vierte Stamm gefällt wurde, um den anderen Bäumen mehr Platz zu verschaffen; und jede Durchforstung macht das Wild unruhig. Entsprechend argwöhnisch sah man dem Treiben des neuen Forstmannes zu.


Eine einfache, aber sicherlich sehr wirkungsvolle Maschine, um beim Roden die Wurzelstöcke aus dem Boden zu heben (rechts), wurde 1770 benutzt. An jedem der beiden Hebel konnten mehrere kräftige Männer gleichzeitig zupacken und ziehen.

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