Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Standortprobleme

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  • Der häufigste Standort muss nicht der beste sein

Der häufigste Standort muss nicht der beste sein

Auch unsere Waldbäume haben ihre charakteristischen Standorte in der Natur. Wir können auch sagen: sie nehmen einen bestimmten ökologischen Bereich ein. Die Schwarzerle finden wir bevorzugt an Bächen. in den sumpfigen Brüchen und an anderen nassen Stellen. Die Waldkiefer dagegen kommt sowohl auf sauren und feuchten als auch auf basenreichen und trockenen Böden vor. Die Esche bevorzugt in unseren Wäldern nährstoffreiche. feuchte Böden. Die Hainbuche hat ihren Standort vorwiegend auf etwas feuchteren Böden als die Rotbuche, die bei uns von Natur aus auf durchschnittlichen Standorten vorherrscht und extreme Verhältnisse - Trockenheit wie Nässe - meidet. Dieser bei uns wichtigste Laubbaum liebt frische. mineral- und humusreiche, gleichmäßig durchfeuchtete Böden. Standortprobleme

Die Stieleiche hat einen weiten Standortbereich. Dagegen ist die Moorbirke, eine nahe Verwandte der Hängebirke, fast ganz auf sehr saure. feuchte bis nasse Standorte beschränkt, wie sie sich am Rand von Mooren finden.

Dass sich auch die klimatischen Verhältnisse auf das Vorkommen unserer Bäume auswirken, kann man aus der Verbreitung vieler Arten schließen. Manche gedeihen nur in Teilgebieten Mitteleuropas. Die Edelkastanie ist auf verhältnismäßig warme Bereiche beschränkt, in Deutschland vor allem auf die Umgebung des Oberrhein-, Mittelrhein- und Moseltales. Die Stechpalme ist in Westeuropa verbreitet und dringt bis in den klimatisch milden Westen Mitteleuropas vor; im rauen Osten fehlt sie; man kann beobachten, dass sie nach kalten Wintern teilweise abstirbt. Die Rotbuche meidet das nördliche Osteuropa mit seinem kontinentalen Klima. Dagegen ist die Fichte noch in Sibirien verbreitet.

jede Pflanze, so auch jede Baumart, trifft man also in der Natur an bestimmten Standorten. Sie kann nur in einem bestimmten Standortbereich existieren. Wenn man die Pflanzen in Kultur nimmt, zeigt sich jedoch, dass sie einen wesentlich breiteren Standortbereich einnehmen können als in der natürlichen Umwelt. Im Garten, im Gewächshaus können wir ohne weiteres einen Enzian aus dem Hochgebirge ziehen. Und die für nasse Stellen charakteristische Erle können wir auch auf verhältnismäßig trockenem Boden pflanzen. Sie wird dort problemlos wachsen. Offenbar stecken in den Pflanzen viel mehr Fähigkeiten, als in der freien Natur verwirklicht werden. Wissenschaftlich ausgedrückt: der Potenzbereich ist viel größer als der ökologische Bereich.

Eine weitere überraschende Diskrepanz lässt sich feststellen: Wenn wir eine Pflanze in Kultur nehmen und pflegen, wächst sie oft unter solchen Bedingungen am besten, die dem natürlichen Standort überhaupt nicht entsprechen. Die Schwarzerle gedeiht nicht etwa auf nassen Böden am besten, wo man sie in der Natur findet, sondern auf normalen Böden. Auch die Kiefer erzielt auf solchen normalen Standorten wesentlich bessere Wuchsleistungen als auf den nährstoffarmen, sehr trockenen oder ziemlich feuchten Böden, auf denen man sie draußen vorwiegend antrifft.

Wie sind diese Diskrepanzen zu erklären? In einer natürlichen Umwelt lebt eine Pflanze nicht allein, sondern mit zahlreichen anderen in Gemeinschaft. Diese Pflanzen stehen im Wettbewerb miteinander, in Konkurrenz um Licht, Wasser und Nährstoffe. Sie graben sich gegenseitig das Wasser ab, beschatten einander und mindern die Intensität des für die grünen Pflanzen unentbehrlichen Lichts. Sie beeinflussen einander ungünstig in ihrem Wachstum.

Der Standort, den die Pflanze in der Natur einnimmt, hängt also nicht nur von ihren eigenen Ansprüchen ab, sondern auch von den Bedürfnissen der anderen Pflanzen. Die einzelnen Arten ordnen sich so in das Vegetations- und Standortgefüge ein, wie sie es nach ihren physiologischen Voraussetzungen vermögen und wie es die anderen Arten erlauben. Pflanzen, die unter den jeweils herrschenden Bedingungen einen raschen Zuwachs erzielen und andere überwachsen, sind im Vorteil und verdrängen die anderen.

Wenn man einzelne Pflanzen an bestimmten Standorten antrifft, steckt also oft gar kein besonderer Anspruch der Pflanze dahinter; sie findet dort lediglich den Freiraum. der ihr im Wettbewerb mit anderen Pflanzen übrigbleibt. Der aber wird den Ansprüchen der Art meist gar nicht am besten gerecht.


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