Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Der größte Teil des Waldes besteht aus Samenpflanzen

Ganz unterschiedliche Wuchsformen - Baum, Strauch oder Kraut - haben nur die höheren Pflanzen, besonders die Blüten- oder Samenpflanzen, in großer Artenfülle entwickelt. Bäume bilden Holz; sie haben einen Hauptstamm, der meist im oberen Teil stark verzweigt ist. Auch Sträucher zeigen Holzbildung, aber bei ihnen kommt es durch Verzweigung schon an der Basis zur typischen strauchigen Wuchsform. Die Kräuter dagegen bilden - bis auf eine manchmal verholzte Basis - nur saftige, krautige Stängel aus, die gegen Ende der Vegetationsperiode absterben. Bei den zweijährigen Kräutern und den mehrjährigen Stauden überleben die unterirdischen Organe, mitunter auch Blätter.Waldflora

Die Samenpflanzen - Bäume, Sträucher und Kräuter - bauen den größten Teil des Waldes auf, gefolgt von der Gruppe der Sporenpflanzen, die sich nicht mit Samen, sondern mit staubfeinen bis mikroskopisch kleinen Sporen vermehren. Zu ihnen gehören Farne, die sich vor allem in feuchteren Wäldern in der Krautschicht finden, aber auch Moose, Flechten und Pilze.

Während die meisten unserer heimischen Bäume und Sträucher ihr Laub abwerfen und die Kräuter, sobald die kalte Jahreszeit kommt, ihre oberirdischen Teile absterben lassen, bleiben Moospflänzchen und Flechten das ganze Jahr hindurch aktiv. Sie wachsen auch weiter - mit Ausnahme der Zeiten, in denen sie austrocknen. Die Dürre überstehen sie aber schadlos; denn sie sind wechselfeuchte Organismen, die bei Trockenheit in einen inaktiven Zustand mit sehr verlangsamtem Stoffwechsel übergehen, um bei entsprechender Wasserzufuhr wieder aufzuleben. Regen, Tau, mitunter schon hohe Luftfeuchte genügen. Auf das Bodenwasser sind sie zumeist nicht angewiesen; sie haben auch gar keine eigentlichen Wurzeln. Deswegen können Moose und Flechten auch Felsen oder Bäume besiedeln.

Moose und Flechten werden meist nur wenige Zentimeter hoch; aber ihre Polster und Rasen können, bei günstigen Bedingungen, quadratmetergroße Flächen bedecken. Waldmoose zeichnen sich gegenüber den Flechten gewöhnlich durch ihre lebhaft grüne Farbe aus und durch das Gewirk ihrer fein beblätterten Stengelchen; Flechten hingegen bringen graue bis gelblich-grüne oder braune, strauchig verzweigte becherartige Gebilde hervor, manchmal sehen sie auch seltsam lappig oder wie verkrustet aus.

Im Nadelwald fallen die Moose besonders auf. Vor allem auf sauren Böden bilden sie oft eine geschlossene grüne Decke. Im Laubwald - etwa unter Buchen - sieht man nur vereinzelt größere Moosteppiche: eine Folge des Umstands, dass allzuviel abgefallenes Laub auf dem Boden liegt, das die Moose im Wuchs stark hemmt. Am liebsten siedeln Moose sich an feuchten oder moorigen Plätzen an. Flechten meiden allzu feuchte Biotope. Auf dem Waldboden sind sie vor allem dort zu finden, wo Blütenpflanzen wegen ungünstiger Bodenverhältnisse keine geschlossene Pflanzendecke bilden: also auf sehr sauren oder nährstoffarmen, aber auch auf flachgründigen Böden. Der Standort darf nicht zu schattig sein. Weil diese Bedingungen nur selten alle zusammentreffen, sind ausgedehnte Vorkommen von Becher- und Rentierflechten rar, genau wie die von Isländischem Moos (das ungeachtet seines Namens gleichfalls eine Flechte ist). Am ehesten findet man sie in sandigen, lichten Kiefernwäldern.

Eine ganz andere Lebensweise als die chlorophyllproduzierenden Pflanzen, zu denen auch Moose und Flechten gehören, zeigen die Pilze. Sie besitzen kein Chlorophyll, also keinen grünen Blattfarbstoff, und kennen mithin auch keine Photosynthese, bei der unter dem Einfluss von Sonnenlicht aus Kohlendioxid und Wasser organische Substanz entsteht: kurzum, die Pilze brauchen keine Sonne für ihre Ernährung. Daher können sie im Boden leben. Genaugenommen ist ja das, was da auf dem Waldboden steht und von uns gemeinhin Pilz genannt wird, nur eine Ansammlung kurzzeitig erscheinender, vergänglicher Teile des Pilzorganismus: Fruchtkörper, welche Sporen produzieren und für die Fortpflanzung sorgen. Der Hauptteil des Pilzes lebt als weißliches, spinnfadenähnliches lockeres Geflecht im Boden, in der Nadelstreu oder sonstwo im Dunkeln, wo er zu überdauern und oft jahrzehntelang Fruchtkörper hervorzubringen vermag. Deshalb ernten gewiefte »Schwammerlsucher« viele Pilze immer wieder an derselben Stelle.

Das Fadengeflecht des Pilzes ernährt sich, indem es totes Material - Reste von Pflanzen oder Tieren, Laub- und Nadelstreu oder Holz - zersetzt und die solcherart aufgeschlossenen Substanzen als Nahrung aufnimmt.

Viele Waldpilze haben eine ganz besondere Lebensweise entwickelt: Sie leben in Symbiose, in enger körperlicher Gemeinschaft mit den Wurzeln von Bäumen. Die Pilzfäden umspinnen die Wurzeln, dringen in sie ein und entziehen ihnen organische Nährstoffe. Andererseits helfen sie den Wurzeln bei der Aufnahme von Wasser und Mineralien: Sie wirken wie zusätzliche feinverzweigte Wurzelfäden. Pilze kommen an den verschiedensten Standorten vor. Zwar fallen sie in krautarmen Wäldern oft schon von weitem auf, doch gibt es sie grundsätzlich in allen Waldtypen, wobei ihre Artenvielfalt immer aufs neue frappiert.

Dass Moose und Flechten auch auf Bäumen existieren können, erwähnten wir schon. Zusammen mit Pilzen nisten sie in hunderterlei Arten auf Rinde und Holz - die meisten Menschen gehen vorüber, bemerken sie gar nicht. Ist man aber erst einmal aufmerksam geworden, sieht man sie überall. Moose kleiden die Stämme in einen grünen Mantel; oft sind Baumstämme und selbst die Äste über und über mit einem Mosaik von Flechtenlagern bedeckt; in Bergwäldern und Tälern besonders. Unkundige halten das für eine Scheckung der Rinde. Mitunter formieren sich die Flechten zu krustigen, auch zu lappigen und strauchigen Gebilden, ja sogar zu hängenden, wehenden Barten.

Die Moose und Flechten der Bäume sind »Aufsitzer«, Epiphyten, welche am Rindenstamm einen Siedlungsplatz finden, der ihnen von höheren Pflanzen nicht streitig gemacht wird. Dem Baum schaden sie in der Regel nicht.

Anders ist es mit den schmarotzenden Pilzen, die auf altersschwachen oder verletzten Bäumen leben und sich von ihnen ernähren. Auch an toten Stämmen bauen Pilze das Holz ab.

Schließlich gibt es sogar Blütenpflanzen - freilich nur ganz wenige -, die sich auf Bäumen einnisten. Eine davon ist die Mistel. Auch von ihr wird im folgenden ausführlich die Rede sein - genau wie von den Moosen und Flechten, den Pilzen, Kräutern und anderen Pflanzen des Waldes. Zunächst aber sehen wir uns die Sträucher an.


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