Weil sie bodennah wachsen, finden die Kräuter im Laubwald - extremer als andere Pflanzen - im Lauf des Jahres stets andere Lebensbedingungen vor. Es kommt also darauf an, dass sie sich dem Wechsel anpassen können. Ihre Vegetationsphase beginnt, wenn das Licht der ersten warmen Sonnentage im Vorfrühling fast ungehindert durch die noch unbelaubten Kronen der Bäume dringt und den Boden erwärmt. Alsbald zeigen sich Spuren erwachenden Lebens, in kurzer Zeit grünt und blüht der Waldboden. Allen voran blüht meist das Buschwindröschen; rasch gesellen sich weitere Frühblüher hinzu: Schlüsselblume, Lungenkraut, Veilchen. In keiner anderen Jahreszeit steht die Krautschicht des Waldes in solch üppiger Blüte - mitunter ist der ganze Waldboden weiß oder gelb oder blau gesprenkelt.
Dieser Auftakt der Vegetationszeit setzt in der Krautschicht stets früher ein als bei den Bäumen. Denn die Sonnenbestrahlung erwärmt die oberste Bodenschicht schon im April auf 25 bis 30 Grad. Die Bäume hingegen wurzeln in tieferen, noch kalten oder gefrorenen Schichten; das verzögert die Belaubung.
Wenn bei den Waldbäumen das Laub ausschlägt, verändern sich die Lebensbedingungen der Krautschicht gewaltig. Schlagartig wandeln sich jetzt die Lichtverhältnisse. Bald schwindet der Blütenflor - nun dominiert das reine Blattgrün, durch Farbtupfer bisweilen aufgelockert. Die Hauptvegetationszeit beginnt. Sie wird anhalten bis zum Spätsommer, gemäßigt und, vor allem im Waldesinnern, sehr kontinuierlich.